Ein mir unbekannter HAFEN – aber was sagt das schon? Es ist ein schöner Hafen, mit einer kleinen Stadt – eigentlich einer Hauptstraße. Ein netter Tag. Ich habe eine Busallergie entwickelt. Ich will nicht momentan mit alten Menschen in Bussen herumgekarrt werden und sogenannt Spannendes sehen und zu „Fotopunkten“ geführt werden. Ich will lieber einfache Menschen sehen, Kinder, Hunde, Liebespaare, Essende und Schwimmende. Daher: kein Ausflug des MyCosta-Tourbüros, Pause vom schwimmenden Altersheim.
Die Nacht ist leider schon um ½ 2 zu Ende. Warum? Ich weiß es nicht. Vielleicht abends zu viel gegessen. Wir waren nämlich in der Samsara Lounge feiern. Was wir gefeiert haben? Den schönen Tag und die bevorstehende Ankunft in Neuseeland. Sogar mit einem Gewürztraminer aus Alto adige, Obereppan. Bisschen süß, aber süffig, plötzlich ist er leer.
Um ½ 4 geht’s auf Deck 11 auf dem die Lichter an Deck abgeschaltet sind: die Sterne funkeln über uns die Milchstraße und hunderte Sterne. Wir diskutieren wie so oft wo das Kreuz des Südens ist. Ah ja, obwohl Marguerite tief geschlafen hat, kommt sie fast überraschend nach. Sie hat meine Jacke an und bringt mit die neue Kaschmirkappe, die sie mir geschenkt hat, mit – mütterlich. Sterne kann man nur zu zweit sehen. Das ist einfach so. Die eigene Kleinheit, der Witz im Kosmos, der man ist, die Romantik und die Ehrfurcht – alles ist zu zweit besser zu ertragen. Ich sage so was philosophisches, wie: „Wie kann man sich angesichts dessen Ernst nehmen?“ und M. antwortet: „Aber in Kränkungen Deinen nimmst Du Dich sehr ernst,“ was zu einer Kränkung gerinnt. Vielleicht heben sich die Wahl des Maori Manns und Ms Bemerkung auf, vielleicht sind zwei Kränkungen besser als eine.
Wir landen um sechs Uhr. Im Morgengrauen gehen wir ins Zimmer, Marguerite arbeitet und klappert, was mich beruhigt und ich schlafe noch eine Stunde. Dann aber hinaus. Gleich nach der Grenzkontrolle mit Hund (wegen der Esswaren, die man nicht nach NZ einführen darf) treffen wir Walter. Er sitzt und staunt über die Ruhe, die schöne Bucht, in der viele Segelboote stehen. Wir schließen uns dem Staunen an: es ist sauber, das Wasser glatt, wie in einem Teich. Ein Schwimmer in einem orange-schwarzen Anzug legt kleine Flossen und Handschuhe an, um besser schwimmen zu können. Eine Wanderin ruht auf einer Bank aus. Sie war am „Berg“, der Mount Mounganui, wegen der politischen Korrektheit und dem maorischen Erbe heißt. Sie trägt hohe Wanderschuhe und hat zwei Stöcke mit. Wir reden sie an: in der Tat kam ihr Vater 1956 aus einem schweizer Ort nach Neuseeland und hatte dann mit einer Frau sechs Kinder. Sie ist eins davon, aber, nach dem Alter müsste sie mit ihm mitgekommen sein. Wir fragen sie aber nicht danach, weder Alter noch Familienverhältnisse erheben wir. Walter holt uns ein, er ist unser Whirlpoolpartner und inzwischen Lieferant des Tagesanzeigers an dem mich da Kreuzworträtsel am meisten interessiert, kommt ein paar Schritte mit uns, er ist ein rüstiger Achtziger, der nach einer vereiterten Rückenoperation und Wirbelsäulenversteifung einen Stock benützt. Wir zeigen ihm das Schwimmbad mit natürlichen warmen Quellen, verabschieden uns und gehen Frühstücken. Ich bin sicher, dass Sie, geehrte Leser*in schon genug von meinen Essberichten haben, aber es war toll: Eggs Bendeict und Grand Breakfast – vom Feinsten.
Der Strand erwachte langsam. Auf einen Balkon der Rettungsschwimmer werden schwarz-rote Schwimmanzüge ausgehängt. Läufer*innen mit Wasserflaschen in der Hand, die ¾ Hosen tragen, schwirren vorbei; Kinder hüpfen und strecken sich; Hunde begrüßen sich bellend im Kaffeehaus nebenan; frische Scones werden aus der Backstube gebracht – M. isst ein salziges; drei ältere Herrn treffen sich zum Morgenkaffee; die Serviererinnen tragen Hot-pants.
Wir updaten unsere Smartphones, gehen am Strand entlang. Hohe pazifische Wellen kommen herein, ihre Gischt ist weiß, ein Surfevent wird aufgebaut, es ist die letzte Woche Schulferien. Kinder tragen Boards, Eltern rufen, Autos kommen beladen, die Lifeguards bringen ihre Ausrüstungen. Das Meer ist auf dieser Seite bewegt und azurblau, die Sonne heiß, der Wind kühl. Ich habe mich in der Früh falsch angezogen (lange Hose und geschlossene Schuhe) und falsch gepackt. Im Rucksack eine Sommerdaunenjacke, Badeanzüge und ein Handtuch, aber kein Schnorchel und wenig Sonnencreme. Vor allem bin ich nicht eingesprayt, wie sonst alle Tage.
Moturiki soll blow-holes haben. Die Halbinsel ist mit einem Wald aus und unbekannten Büschen bewachsen, am Ende eine Klippe. Es bläst momentan kein Meer durch ein Loch, wir schwitzen. Am Strand, als wir in der geschützten Bucht ins Wasser gehen sind dort hohe Wellen, der Sog ist so stark, dass der Sand unter den Füßen verschwindet, wenn die Welle sich zurückzieht. Wir hüpfen über die Wellen, tauchen durch sie durch – eine Stunde im Wasser. Ein englisches Ehepaar, das auf Campingstühlen am Strand liest, passt inzwischen auf unsere Sachen auf. Sie sind so zuvorkommend, dass sie uns sogar rufen bevor sie gehen.
Auf der Hauptstraße ist ein Geschäft neben dem anderen. Dazwischen Kaffeehäuser und Eisgeschäfte, Waren aller Arten, Schwimmausrüstungen, Skater- und Shops für Wellenreiter und vieles andere. Wir essen wieder: Fish and Chips und einen Salat. Nette schnelle Bedienung, einfache Waren. Ich bekomme ein kurzärmeliges Schwimmleibchen mit Sonnenschutzfaktor 50, M. Badeanzüge. Der Freund einer Verkäuferin, die mir Sportsocken und eine coole, grün-blaue Sonnenbrille verkauft, steht unter Vertrag bei dem Fußballverein Pinzgau-Saalfelden. Shelly will von mir wissen wie es in Österreich aussieht und ob der Pinzgau neben Deutschland ist? Ich meine von NZ aus gesehen, ist alles in Europa nah. So werden hier die Karten gezeichnet: NZ und Australien im Zentrum – Europa sieht wie ein Fliegenschiss vorm Atlantik aus. Wir treffen Giorgio auf einem Hochstuhl vor einer Bar sitzend, einen fast ausgetrunken Drink vor sich. Der Musikdirektor des Schiffs ist ein Fan Marguerites, die sich in seiner Bewunderung sonnt. Er hat angeblich zuviel getrunken, was ihn nicht daran hindert den Drink zu sich zu nehmen. Er war Kontrabssist arbeitet nun seit vielen Jahren für Costa, wieviel Jahre will er M. nicht verraten. M fragt jeden Musikus dasselbe: kann der Musikmüll am Schiff abgestellt werden. Ich kenne die Antwort schon: Nein! Ich sehe wie M. angesichts des feschen Italieners schmilzt. Ich kaufe ihr nebenan Badeschlapfen ihre sind kaputt. Viel Eindruck mache ich damit nicht.
An Deck hören wir Boticellis Partiro, ich hole mir nun einen Sonnenbrand rechts während ich mit Salomon spreche. Er ist so gütig, dass er mich auf Französisch anhört und mit mir Konversation macht. Ich fühle als ob mein Französisch jeden Tag ein bisschen besser würde. Es scheint zu stimmen: wenn man nicht verbessert wird, wie es mir bei Salomon geht, der mir hilft, wenn mir ein Wort nicht einfällt, steigt mein Selbstbewusstsein, ich trau mich mehr und lerne.