Der Pazifik hat uns wieder: es ist warm, schwül, es regnet jeden Tag mehrmals, die Dünungen und Wellen (für mich schwer zu unterscheiden) lassen das Schiff schwanken. Die Nächte sind kurz, unterbrochen von den besten und schlimmsten Träumen. Mitten in der Nacht kann ich Sämy, meinen Ältesten erreichen: er sitzt gerade mit Rosi in einem Straßencafé in Tel-Aviv. Das Schiff kann voraussichtlich nicht nach Südostasien fahren, weder nach Japan, Taiwan, oder Hongkong. Aus der Kombination der Absagen und den Gedanken an eine etwas kranken Tochter entwickeln sich Fluchtpläne. So hatte das Lesen einer Spurensuche der Meuterei auf der Bounty plötzlich einen zusätzlichen Sinn.
Christian Fletcher hatte einen Kommandanten W. Bligh, der ein sehr guter Navigator und ein furchtbarer Chef gewesen sein dürfte. Dreimal wurde im Leben William Blighs gegen ihn gemeutert. Alle Meuterer der Bounty außer Alexander Smith, der sich auf Pitcairn John Adams nannte, wurden entweder gehenkt, ermordet, oder starben bevor sie der Scharfrichter tötete. Bligh bekam die 1774 als Handelsschiff Bethia zu einer HMAV umgebaute Bounty als Kommandant. Da das Schiff zu klein für einen „echten“ Kapitän war, blieb er Lieutnant zur See. Mit dem Auftrag Brotfruchtbaumschösslinge aus Tahiti in die Karibik zu bringen, stach er am 23.12.1787 von Portsmouth in See. Der vergebliche Versuch Kap Horn zum umsegeln dauert vom 23.3.-22.04.1788. Nach vielen Zwischenstationen geht die Bounty am 26.10.1788 in der idyllischen Matavia Bay in Tahiti vor Anker und bleibt bis zum 26.10.1778 (ohne zu Wissen, dass der 26.10. Jahrhunderte später der österreichische Staatsfeiertag werden wird. Meine Lieblingsfrage an alle Österreicher: „Was wird an dem Tag gefeiert?“ wird nur zu max. 10% richtig beantwortet.) Die Mannschaft verliebte sich in die Mädchen, die Natur, das Klima – eben in das süße Leben Tahitis. Flechter Christian lernte seine spätere Frau Maititi, die Tochter des Häuptlings kennen und lieben. Als das Schiff mit Ziel Karibik auftragsgemäß wieder ausläuft und Bligh sein strenges Regiment mit Auspeitschungen und anderen Strafen wieder beginnt, beschließen am 28.04. 1789 20 Mann die Meuterei. Fletcher ist selbst Marineoffizier der Krone und tötet keinen Lieutnant. Daher wird Bligh und 19 Mann auf einer 7,5 Meter langen Barkasse ausgesetzt und erreichen Monate später Timor, das tausende Kilometer weit entfernt ist. Von dort geht’s zurück nach England, das umgehend eine Strafexpedition aussendet. Die Meuterer blieben kehrten in die Matavia Bay zurück, aber man will sie dort wohnen lassen nicht. Überdies fürchten sie zu Recht vom englischen Schiff gefunden zu werden. Sie versuchen in Tubuai Quartier zu machen, aber auch dort werden sie vertrieben. So irren sie durch den Pazifik bis sie überraschenderweise Pitcairn finden, das vom Schiffsjungen Pitcairn 100 Jahre zuvor entdeckt worden war. Durch einen Fehler von drei Breitegraden war es falsch in die Seekarten eingetragen worden. Die Meuterer vermuteten zu Recht, dass man sie dort nicht finden werde. In der Tat fand die englische Barkasse die versteckten Meuterer nicht. Die 11 Mann, die in Tahiti geblieben waren, wurden am 29.10.1792 auf der HMS Brusnwick gehängt. Neun Meuterer bevölkerten Pitcairn, zur Unterstützung nahmen sie sechs Männer und zur Freude 12 Frauen aus Tahiti mit. Sie behandeln die Tahitianer wie Sklaven
In Pitcairn lebten 12 Frauen und 15 Männer – das konnte nicht gut gehen. Dem Matrosen William starb seine Frau. Nicht faul nahm er sich eine der Frauen eines Tahitianers, die für die Engländer Sachen, keine „Menschen“ waren. Die Tahitianer aber hatten Ehre und Zorn und erschlugen fünf Engländer in der folgenden Nacht, unter ihnen den Anführer Fletcher Christian. Nur den Jüngsten ließen sie am Leben. Dieser dankte es ihnen und erschuf später eine gottesfürchtige Gemeinde, die bis heute Bestand hat.
Die eingesetzten Samen vermehrten sich. Christian hatte drei Kinder: Thursday October, Charles, Mary-Ann. Adams hatte viele Kinder. Ich folge in meinem Bericht dem Buch eines hamburger Schiffskapitäns in Ruhe Wolfgang Pistol. Er erforschte sein Leben lang die Meuterei. Im Ruhestand schaffte er es Pitcairn zu besuchen und mit den Nachkommen der Meuterer zu sprechen, Gräber und Museen zu besuchen. Sein Buch: „Auf den Spuren der Meuterer der Bounty“ ist umfassend.
Für mich war das wunderbar zu lesen. Denn auf der Costa deliziosa bereitet sich ein Panikausbruch vor. Die Menschen sind unruhig und zunehmend unfreundlich. Heute um ½ 7 hat eine Frau im Fitnesstudio einen Mann, der auf einem der Geräte sitzend telefonierte, gebeten dieses freizugeben. Er deutet mit einer Geste an, dass er ihr den Kopf abschneiden wolle. Durch die Ausbreitung des unbekannten Coronavirus in Asien ist eine Änderung der Seeroute unvermeidbar. Das ärgert Menschen, die vielleicht noch nie in Japan waren, oder die Reise wegen Vietnam gebucht haben. Mitreisende, die gern planen, können sich schwer umstellen. Vielleicht wollen sie nicht einsehen, dass die Änderungen zu ihrem Besten sind und selbst wenn sie es einsehen, dann wollen sie es trotzdem nicht. Wohin also mit dem Ärger und Zorn: am besten wäre eine Meuterei. Allerdings ist das Essen hier besser, als auf der Bounty und die Besatzung, die Rezeption – bis hin zum Kapitän tun alles, um Frieden und Freude aufrechtzuerhalten. Das unterscheidet sie gewaltig von Kapitän William Bligh, der scheint’s das Gegenteil exekutierte. Ich erinnere, dass es bis in den 1. Weltkrieg für britische Matrosen verboten war schwimmen zu lernen. Der Admiralskapitän und Kriegspremiere W. Churchill konnte nicht schwimmen. Deshalb führte sein Sturz in den Loch Lomond zur Entdeckung des Penicillins. Die Familie Churchill finanzierte zum Dank für die Rettung des unsportlichen Sohns durch Ian Fleming dessen Medizinstudium. Die Entdeckung des Penicillins durch eine im Sommer vergessene Petrischale in der Streptokokken gezüchtet worden waren und Pilze die anwesenden Bakterien töteten (also Entdeckung mittels Serendipity) konnte geschehen.