Die einfache Frage ist: will man diese drei Tage zusammenfassen? Aber dann: wie schade! Von der Busfahrt durch Ecuador bis zur Grenzkontrolle in Lima – so unterschiedliche Menschen und Erlebnisse – es wäre einfach zu schade. Jedenfalls für mich und da ich es bin, der schreibt, bestimme ich natürlich was und wie es geschrieben wird. Sie, liebe Leser*innern, könnten das „Theater“ verlassen. Davon rate ich ab. Ich habe es nur einmal bei Narziss von Beat Furer gemacht und selbst da war ich der Letzte in der grazer Oper, der ging. Ich finde das macht man nicht. Man gibt dem Künstler, in meinem Fall dem Berichter, eine Chance. Als mir Peter Konwitschny erzählte, dass er aus der Steinschen Inszenierung des Schillerschen Wallenstein in der 1. Pause gegangen ist, wart ich umso mehr entsetzt, als er stolz darauf war, dass die TAZ darüber berichtete. Das empfand ich unkollegial: ich war zu derselben Aufführung mit K.-M. Brandauer als Wallenstein in der neuköllner Brauerei eigens nach Berlin gefahren und fand alles ausnehmend gut, textgetreu. Rausgehen sei jedem unbenommen, aber man macht daraus keine Affäre.
Nun denn: zum 1. Tag. Wir sollten um 05:00 Uhr in der Grand Bar, Deck zwei sein. Also aufstehen um 04:15, Frühstück im Zimmer um 04:30 (zweimal Kaffee, allein der Geruch so früh am Morgen – schwer zu ertragen). Wir waren pünktlich dort. ¼ Stunde Verzögerung, dann ging’s in den Bus nach Guayaquil – ungefähr 3 ½ Stunden. Wir fuhren durch viele Dörfer und über viele Hügel. Überall war es saftig grün, Vieh weidete, Bananenbäume wuchsen entlang der Straße; Die Bauernhöfe ärmlich. die Herrenhäuser sind stockhoch aus Holz, das Erdgeschoss hat einen leeren Raum unter dem Balkon im 1. Stock, dahinter etwas Lagerräume und ein Stall für wenige Tiere. Die rote, oder weiße Farbe blätterte ab, die Fenster oft leer, oder blind. Die kleinen, häufigeren Häuser inmitten den Felder sind Steinhäuser, ummauerte Zimmer mit einem, oder zwei Fenstern, grün, oder blau gestrichen mit einem flachen Dach. Sie beherbergen große Familien die am frühen Morgen mit Machete versuchen der herandrängenden Natur Herr zu werden. In den Dörfern wurden die Essstellen geöffnet: Große Töpfe aus Eisen wurden auf Gasflammen gestellt, die Geschäfte waren meist noch geschlossen nur die Bäcker hatten schon geöffnet. Die Läden mitGittern und Schlössern gesichert. Auf der Straße sah ich Menschen mit ärmlicher Kleidung gehen, ob sie zum Frühstück, oder zur Arbeit gingen, war vom Bus aus nicht auszumachen. Die Straßen waren schlecht, der Busfahrer auch. Er beschleunigte sogar zwischen den Speedbrakers am Anfang und Ende jedes Dorfs, obwohl die Distanz nicht mehr als 50 Meter ausmachte. Manchmal nickte ich einen Moment ein, der Fahrstil führte zu häufigem Erwachen. Die Fahrt wie ein Traum, denn wenn ich erwachte, schaut es immer gleich aus.
Bei der Pause sah ich unseren indigenen Busfahrer an der Theke der Raststätte, die gerade aufgesperrt wurde, das Fenster zum Publikum war noch zu. Die Frau an der Kasse versuchte noch das Gerät zu starten. Er bestellt Empanadas und etwas Grünes, ein verpacktes Bananenblatt, das ich aus Südostasien kenne, beides lag im Wärmeschrank. Ich bitte ihn für mich das Gleiche zu nehmen und gebe ihm Geld. Als ich zurück komme war der Tisch gedeckt. Die Empanada mit Weichkäse gefüllt, heiß und fett; das Bananenblatt heiß, darinnen ein Viereck aus Mais in dem kleinstgeschnittene, oder gerissene Hühnerstückchen sind. Süßlich, fleischig. Dazu hatte der Fahrer für mich Mangodicksaft ausgewählt, er wollte mein Restgeld offensichtlich nicht für sich nehmen. Unnötig zu sagen, dass ich der Einzige der Gruppe war, der an dieser Tankstelle an der ein VW 1200, Luftkühlung, aus den frühen siebziger Jahren abgestellt war, etwas zum Essen nahm.
Der Flughafen wie überall, nur dass wir ein amerikanisches Frühstück bekommen und hervorragend betreut wurden. Eine junge Frau keine dreißig Jahre alt ist unsere Reisebegleiterin. Sie ist blond, hat langes, kräusliges Haar, ist etwas untersetzt, spricht fließend Spanisch, Italienisch und ausreichend Englisch.
Nach einem knapp zweistündigen Flug kamen wir in Galapagos an. Mauricio, Nancy, Diego und Julio erwarteten uns. Das Programm: wir gaben unser Gepäck ab und fuhren direkt zu einer Schildkrötenfarm. Über steile Straßen ging‘s in Baltra zur Fähre, dann mit einem Bus zu der Farm. Dort Langeweile. Wir warteten. Es gab Zitronengrastee und Kaffee. Dann Essen. Uns allen, die wir wegen des Erlebens nach Galapagos gekommen waren, kam das wie eine Verhöhnung vor. Geri aus dem Thurgau, Schweiz, ist ein glatzköpfiger, schlanker, sehr unruhiger Mann. Marathonläufer so wie er aussieht. Er fährt buchstäblich aus der Haut. Elisabeth, seine Frau versucht ständig beruhigend auf ihn einzuwirken. Vielleicht macht es das noch schlimmer. Er war erregt und schimpfte.
Marguerite fühlte sich von einem Allroundkünstler im Lokal angezogen, der am Rand saß Bilder verkaufte, Musik machte, lange Haare und ein kleiner Zopf rundeten das Bild des alten Hippies ab. Er kam vor fast 40 Jahren aus Belgien und ist hängengeblieben. Marguerite kaufte ein Bild, ich ecuadorianischen Kaffee. Dann das Essen, darüber sag ich nichts. Das muss auch mal sein.
Endlich die Führung: Wir gehen durch den Garten, das Anwesen und begegnen Schildkröten. Die Piraten und andere Seefahrer haben diesen Tieren in den vergangenen Jahrhunderten sehr zugesetzt und sie fast ausgerottet. Es war ein leicht fangbares Fleisch und am anderen Ende ihrer Welt. Nun werden die Tiere wieder vermehrt. Es sind große, auf der Farm und darum herum freilebende Tiere, die mehr Körper als Hirn haben. Wir erfuhren viel über sie: wie sie sich vermehren, wie sie leben und was sie so machen. Ich wusste nicht, dass sie praktisch taub sind und wenig sehen. Ihre Sinnesorgane sind die von Reptilien, noch schwach entwickelt, so waren sie leichte Opfer. Dann wurden wir durch einen Lavatunnel geführt. Petra aus Hamburg hat nur Flip-Flops mit Fußbett mit und fürchtet zu rutschen und Hugo empfindet sich als nicht trittsicher. Oder beide fürchten Höhlen. So genau weiß ich das nie, irgendwie sind meine Beobachtungen oft mit Interpretationen vermischt, das sollte ich ändern.
Im Hotel Angermeyer, das von fünf deutschen Brüdern nach der Machtergreifung der NSDAP in Deutschland in Santa Cruz gegründet wurde kommen wir mit dem Boottaxi an. Es ist ein schönes Haus am Wasser, die Begrüßung ist herzlich, es ist ein angenehm gepflegtes Haus ist. Wir gingen nicht mehr in die „Stadt“, sondern tranken zum Essen ein Flasche chilenischen Weißwein um 60 US$!
Was haben wir am ersten Tag gelernt, was erlebt: wir sind für das ultimative Wildnisserlebnis zu spät gekommen. Ch. Darwin war als Mitzwanziger vor 150 Jahren da und damals waren die Inseln beinahe unbewohnt. So konnte er seine Beobachtungen machen, die ihn zur Evolutionstheorie unter anderem an Hand der Finken, die auf den Inselchen des Archipels unterschiedlich sind, führte. Wir Nachkommen sehen stattdessen Schildkrötenfarmen und sitzen abends in einem schönen Luxushotel und trinken chilenischen Wein.
Obwohl Marguerite in einem „Komplott“ mit dem Rezeptionisten uns ein wunderbares Zimmer mit Meeresblick erstritten hat – ist das Galapagos? Ist es das, weswegen wir diese Exkursion gemacht haben?
Es konnte nur noch besser werden und das wurde es auch. Stay tuned!