Arztleben - Ein Einstieg

Es gibt keinen unpolitischen Posten. Nirgendwo. Es geht nicht um Leistung, Vorkenntnisse, oder Begeisterung. Vielleicht auch. Vor allem aber geht es um die richtige Stelle, die richtige Erbschaft und die entsprechende Zugehörigkeit. In Österreich der Siebzigerjahre konnte man sein: alter Adel, sozialistischer Adel, Mitglied eines der christlichen Studentenverbindungen (am besten in der 3. oder 4. Generation), oder schlagender Burschenschafter am äußersten rechten Rand. Nur selbstgestrickter Linksradikaler mit zionistischem Hintergrund war keine perfekte Voraussetzung für Karriere. Weiterlesen...


Die Erfindung der Leitung

Besonderes passiert im Verborgenen, sagen die Sprüche der Väter. Viele Nobelpreisträger fanden, dass sie für das Falsche den Preis zuerkannt bekommen haben. Seine bedeutende Entdeckung sei nicht gewürdigt worden, meinte zum Beispiel Konrad Lorenz. Meine Professur ist ein Beispiel dafür, dass meine eigentliche, weltverändernde Leistung nicht anerkannt wurde. Ich halte mich für den Erfinder des Venenzugangs für Säuglinge und Kleinkinder, der heute millionenfach verwandt wird. Ich bin ganz überzeugt, dass die Firma an die ich vor 54 Jahren geschrieben habe, meine Erfindung gestohlen hat. Das war nicht schwer, es schmerzt nicht, führt aber dazu, dass ich von meiner Beamtenpension (gut) lebe und kein Vermögen habe. Vielleicht mache ich mich auch lächerlich und es gab’s schon längst und Herr Braun hat es wirklich 15 Jahre früher erfunden. Weiterleiten...


Der berühmte Professor 

Ich wurde in dem halben Jahr in der Turnusausbildung 1978 an der 2. Medizinischen Abteilung des Wilhelminenspitals der Stadt Wien mehrmals strafversetzt. Wahrscheinlich zu Recht: ich war frech (und blieb’s bis heute 2020). Mein Chef Prof. Dr. F. Mlczoch teilte mich bei einem zirka fünfunddreißigjährigen Oberarzt, ein grobschlächtiger Mann mit faschistischen Ideen (Arbeitslager, Ausländerfeind und Patientenhasser) ein, der Sadist und Mörder war. Vielleicht dachte Mlczoch, dass dieser Oberarzt mich disziplinieren könnte, vielleicht war mir mein Ruf auch vorausgeeilt. Der stationsführende Oberarzt hasste, weswegen er Morde verübte, um sie mir entweder anzuhängen oder mein zumindest mein Gewissen zu belasten. Weiterlesen...


Sind psychiatrische Patienten ebenbürtig?

Man wollte immer wieder, dass ich Kinder- und Jugendpsychiater werde. Ich war ambivalent, es war mühsam das zu werden und wenn man es wurde sank das Gehalt und die Anerkennung. Gemäß einer Vereinbarung zwischen den Chefs der Kinderklinik und der Kinderpsychiatrie konnte man den Facharzt Kinder- und Jugendpsychiatrie erst nach Absolvierung entweder des Facharztes für Psychiatrie, oder für Kinderheilkunde absolvieren. Daher dauerte die Ausbildung mindestens 9, meist 12 Jahre. Die Ausbildungen zum praktischen Arzt und zum Facharzt für Kinderheilkunde (auch schon acht Jahre!) erschienen mir völlig ausreichend. Ich wollte kein „jüdischer Arzt, der kein Blut sehen kann“ werden, wie man Psychiater abwertend nannte. Weiterlesen...


Zivildienst in einem burgenländischen Städtchen

Als Zivildiener war ich einem Landeskrankenhaus im Burgenland zugewiesen. Ich war dort der erste ärztliche Zivildiener, inmitten einer Schar von Jägern und Militaristen. Selbst der Koch des Krankenhauses war langdienender Unteroffizier gewesen. Meine Erlebnisse sind unspektakulär, widerlich und waren für mich eine Auseinandersetzung mit dem Landleben. Weiterlesen...


Mein Lehrer Ringel

Irgendwie fühle ich, dass ich über Erwin Ringel schon viel geschrieben habe. Doch, als ich kürzlich von ihm erzählte, hatte ich den Eindruck, dass das Gute und Lustige bisher nie gesagt worden war. Er war nicht nur der bekannteste Psychiater, den Österreich je hatte, sondern auch wirklich witzig. Weiterlesen...


Meine Chefs

Ingomar Mutz sagt: „Man kann von jedem Chef was lernen – von den guten wie den schlechten. Er hatte einen Chef auf der Internen, Prof. Gotsch, der einmal pro Jahr Chefvisite machte. Da ließ er sich alles über einen Patienten erzählen, ersuchte strengen Tons noch, dass dieses oder jenes Elektrolyt bestimmt wird, versicherte dem Patienten, dass er sich das dann ansehen würde – und kam ein ganzes Jahr nicht mehr. Weiterlesen...


Mein zweiter Orden

Die vielleicht gütige, jedenfalls judenhassende Kaiserin Maria Theresia, der ich wie alle meine Glaubensbrüder ohne jeden Anlass in tiefer Achtung verbunden bin, hatte zwei judenstämmige Minister: den Mediziner Gerhard van Swieten und den Wirtschafter Josef von Sonnenfels. Beide mussten „rechtsgläubig“ werden, um ein Regierungsamt bekleiden zu können. Sie ordneten auch die Orden, die die Kaiserin vergab, neu. Im Sinn des aufgeklärten Absolutismus sollte nicht mehr nur Militär und Staat gefördert werden, sondern auch Wissenschaft und Künste. Weiterlesen...


Konsiliararzt, ohne das Fach zu haben

Walter Spiels Bemühungen mich als Arzt zu verpflichten führten unter anderem dazu, dass ich als Kinder- und Jugendneuropsychiater die neugegründete Intensivfürsorge betreute und das Jugendamt 1./8./9. im Amtshaus Währingerstraße in Wien. Ich war 27 Jahre jung, alle die ich zu supervidieren hatte, waren älter und erfahrener. Ich war sehr selbstbewusst und in der Blüte meiner Manneskraft umgeben von zirka 100 Frauen, die mir andächtig zuhörten – das sollte nicht ohne Folgen bleiben. Weiterlesen...


Die Sperre des Karolinen Kinderspitals

Es ist komisch: manche Geschichten träumt man immer wieder. Wie hätte ich mich damals verhalten sollen, wie hätte ich es besser machen können? Obwohl alle Protagonisten des lang vergangenen Dramas tot sind, obwohl es nichts mehr zu sagen gibt, versuche ich beim Aufwachen oder beim Schlafengehen neue Lösungen des alten Konflikts. Ein solcher war die Sperre des Karolinen Kinderspitals 1977. Das geht 43 Jahre später so weit, dass ich die Betriebsversammlung wieder und wieder durchspiele. Je nachdem wie ich zu mir selbst stehe, spiele ich darin eine gute oder eine schlechte Rolle. Weiterlesen...


Orden

Meine drei Orden – das Große Ehrenzeichen des Landes Steiermark, das Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst und das Große Ehrenzeichen beide von der Republik Österreich – sind für mich sichtbare Zeichen der Anerkennung. Sie haben natürlich Schwächen: Ich hätte gern einen Halsorden gehabt, aber ich wurde nicht ausersehen. Mein ehemaliger Freund J. Smolle war ordentlicher Professor und danach zweimal Rektor der Medizinischen Universität Graz und bekam daher das Große Goldene Verdienstzeichen. So erging es auch meinem Freund Univ.-Prof. Mag. Dr. Helmut Kasper, dessen beide Orden Halsorden sind. Weiterlesen...