Kochrezepte

Zwar haben Marguerite und ich ein Buch über Essen und Kochen: Jenseits von Dick und Dünn veröffentlicht, zwar ist es doch eine Biographie, aber als ich gestern eine Suppe nach dem Rezept meiner Mutter machte, war ich plötzlich überzeugt, dass eine Biographie ohne Rezepte niemals meine Biographie sein könnte. Weder die Ei-Milch-Einbrennsuppe mit Erbsen wäre dann erhalten noch das Gulasch meines Großvaters noch so viele kleine Speisen, ohne die man sich mich nicht vorstellen kann.

Ich beginne mit dem einfachen: Einbrenn – Milch – Eisuppe mit Erbsen

Man nehme zirka 125 Gramm Butter (für 4 Personen) löse sie auf, gebe 1 ½ Esslöffel glattes Mehl dazu und röste das Mehl bis eine helle Einbrenn entsteht. Diese lösche man mit kaltem Wasser, sodass es zischt und keine Bröckerln entstehen. Inzwischen – während die Einbrenn röstet, verrühre man zwei Eier mit kalter Milch und etwas Salz. Nachdem die Suppe aufgekocht ist, setze man das Ei-Milchgemisch langsam hinzu, sodass keine Klumpen entstehen. Nun kommt noch Suppenwürfel hinzu, je nach Geschmack Rindssuppen-, oder Gemüsesuppenwürfel und Salz nach Geschmack. Zuletzt gibt man ein paar gefrorene Erbsen hinzu – meiner Enkelin Mia-Fe schmecken die nicht und sie schiebt sie zur Seite – das kann man auch weglassen. Es ist die feine Art der „Brennsuppe“ – die Einbrenn ist heller und durch die Butter statt Schweineschmalz und das Ei wird die Suppe feiner und gehaltvoller. Die klassische Brennsuppe aus Schmalz und Mehl war dunkel und geschmacklos, trotzdem besser als gar nichts.

Beim Lesen fällt mir auf: vor allem soll die Suppe keine Bröckerln haben – das wäre schade. Bei uns zu Hause heißt sie „Ima-Suppe“, weil dies die Suppe meiner Mutter war und Ima auch hebräisch Mutter heißt.

Nun folgt das klassische Shabbesmenü. Es besteht wie jedes österreichische Menü aus: Vorspeise, Hauptspeis mit zwei Beilagen und Nachspeis.

Vorspeise: Suppe:

Das sind jetzt einige Rezepte, die nach der Reihe dargestellt werden müssen. Da mein Stiefsohn Wolfi findet, dass es dieses Essen schon viel zu oft gegeben hat, schreibe ich dieses Rezept für ihn, hoffend, dass er es zu meiner Erinnerung dereinst machen wird. 

Man kaufe: Lammschlögl nicht zu klein, aber noch nicht wirklich Schöpsernes. Persönlich empfehle ich beim Türken, jedenfalls Halal zu kaufen – der Lammgeruch ist verschwindend im Gegensatz zu Weidelamm aus Österreich. Auf jeden Fall das Kreuzbein auslösen lassen und allenfalls den Unterschenkel im Gelenk absetzen, sonst ist das Ganze zu groß und schaut auch nicht gut aus. Manchmal habe ich Lammnieren dazu genommen, die geben der Sauce zusätzliches Fett und schmecken gut. Man muss sie nur vor dem Braten wässern, damit der Urin aus dem Nierenbecken verdünnt wird.

2 – 3 Zwiebel schälen, einen Knoblauch ungeschält, 2 – 3 Äpfel und mit einer halben Flasche Wein (auch wenn Kinder mitessen), den mit Lammgewürz bedeckten Schlögl  (bestehend aus Majoran, Thymian, Rosmarin, Pfeffer und Salz) zugedeckt in den Backofen (pro Kilo eine Stunde bei 80 – 90 Grad) braten lassen. Am besten am Vormittag hinstellen, wenn man ein Abendessen bereitet. Zu lange kann das Fleisch bei dieser Temperatur nicht im Bräter sein, nur zu kurz. Eine halbe Stunde vor dem Essen, kommt meine Liebste und sagt die erlösenden Worte: „Das Fleisch braucht Hitze, es ist noch ganz blass!“ Dann wird der Deckel (oder, wenn nicht vorhanden die Alufolie) vom Braten genommen, das Fleisch mit kaltem Wasser übergossen und die Temperatur auf 190 – 200 Grad erhöht. Es würde reichen die Lammnieren jetzt dazu zu geben, ebenso wenn man Hoden reichen will.

Bratkartoffel: Große Kartoffel (immer mehr als man glaubt) halbweich kochen. Das muss früh geschehen, denn die Kohlehydratbeilage ist immer das limitierende Element jedes Essens. Abgießen, beiseitestellen. Jetzt die Frau rufen. Sie viertelt die Kartoffel, so dass sie wie Potato wedges aussehen, übergießt sie mit viel Olivenöl und stellt sie über das Fleisch, also auch mit zirka 200 Grad in den Ofen, der dann auf Umlufthitze eingestellt wird. Sie brauchen auch etwa die verbleibende halbe Stunde.

Spinat: Blattspinat kaufen, am Josefsmarkt in Graz sehr teuer, aber im Winter Glashausware deren Herstellung teuer ist. Gefrorener Blattspinat – lieber nicht. Da schon besser Karfiol kaufen oder Romanescoröschen, oder Kohlsprossen oder Fisolen (grüne, oder gelbe Bohnen) als Tiefkühlspinat. Waschen, waschen, waschen bis die Erde aus den Stilen rausgewaschen ist. Wasser im Spagettitopf zum Kochen bringen, Spinat hinein. Blanchieren – abgießen, Olivenöl drauf und Knoblauch, wenn gewünscht – fertig.

Kräuselendiviensalat (im Frühjahr allenfalls Löwenzahnblätter):

Salat waschen und in kaltem Wasser lange stehen lassen. Das macht den Salat knackiger und reduziert die Bitterstoffe. Salatdressing in einer Tasse vorbereiten  (nach der verstorbenen Frau Schindel): Knoblauch mit Presse oder gehackt oder zerdrückt (wenn man das macht, nicht vergessen das Brett einzusalzen, sonst ist der Geschmack in den Fingern und am Brett, aber nicht in dem übrigbleibenden Substrat), Balsamicoessig oder Balsamico Crema (dann aber keinen Zucker!), Salz nach Belieben (eher mehr als weniger, da der Salat kalt gegessen wird, benötigt er mehr Salz als eine warme Speise, weil die Eigenbewegung der Moleküle im Kalten langsamer ist.). Salat abgießen (Salatschleuder kann unterbleiben, weil es kein französisches Dressing ist), Kernöl drauf, Dressing dazu, mit den bloßen Händen im Waschbecken mischen, keine Geräte verwenden, auf denen nur das gute Dressing picken bleiben würde.

Dessert: Birnen schälen, Kerngehäuse inklusive „Lebensader“ entfernen. Zucker karamellisieren bis Karamellstufe 3. Birnen darin abbraten. Kein Wasser zusetzen, keinen Alkohol. Wenig umrühren. Auf kleiner Flamme bis zur Entwicklung von ausreichend Flüssigkeit aus den Birnen kochen, dann kann man die Flamme höherstellen. Warm servieren, wenn gewünscht Eis dazu reichen, oder Schlagobers.

Wenn Sie das machen, sind nachher alle satt. Schöne Szenen sind zu erwarten: manche geben sich noch etwas Kernöl in die Suppe, Essen das Shabbesbrot dazu (Challah), oder anderes Gebäck. Stöhnend erreichen sie den Hauptgang. Die Frau schneidet das Fleisch vom Knochen, bitte nicht ausgelösten Lammschlögl servieren, ist viel schwerer zuzubereiten und brachte mir keinen Erfolg. Hier gibt’s dann Menschen, die nachsalzen oder pfeffern oder lieber Brot dazu essen, oder Fettstellen und Faszien suchen – sehr unterhaltsam. Suchen die Menschen zu viel nach Teilen, die sie nicht zu essen wünschen, einfach das nächste Mal Kalbsbrust servieren, dann sehnen sie sich wieder nach einem Schlögl zurück. Nieren, so vorhanden, aus dem Nierenbecken (=Fett) auslösen, dünne Scheibchen reichen. Die wohlschmeckenden Hoden erzeugen manchmal Ekel, daher nur reichen, wenn die Tischgesellschaft abgehärtet ist.