Meine drei Orden – das Große Ehrenzeichen des Landes Steiermark, das Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst und das Große Ehrenzeichen beide von der Republik Österreich – sind für mich sichtbare Zeichen der Anerkennung. Sie haben natürlich Schwächen: Ich hätte gern einen Halsorden gehabt, aber ich wurde nicht ausersehen. Mein ehemaliger Freund J. Smolle war ordentlicher Professor und danach zweimal Rektor der Medizinischen Universität Graz und bekam daher das Große Goldene Verdienstzeichen. So erging es auch meinem Freund Univ.-Prof. Mag. Dr. Helmut Kasper, dessen beide Orden Halsorden sind.
Orden – die meisten Menschen machen sich darüber lustig, außer sie werden ausgewählt. Dann kommen sie alle zur Verleihung, die Partner*innen machen sich schön, putzen sich heraus und bekommen Blumen. Kleine kammermusikalische Orchester spielen kurze Stücke von Haydn, Mozart oder Schubert. Es wird die Lebensgeschichte der/des Auszuzeichnenden verlesen, die besonderen Verdienste, die zur Verleihung geführt haben und eine*r der Ordensträger bedankt sich im Namen aller. Man erhebt sich zu den Klängen der Bundes- und der Europahymne.
Ich war beruflich stecken geblieben – ungefähr im Rang eines Hauptmanns. Ich hatte inhaltliche Autonomie, konnte mit Marguerite die Psychosomatik so steuern, wie ich es für richtig hielt – aber das war’s. Die Einrichtung wurde nicht zur Abteilung, daher wurde ich nicht Abteilungsleiter. Beworben habe ich mich hin und wieder – für das Rektorat in Innsbruck, die Univ.-Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde – alles ohne echte Chancen. Peter Sichrovsky war nach einer Durststrecke der Arbeitslosigkeit nach seinen Posten als Korrespondent in Süd-Ostasien zur FPÖ gegangen und Europaabgeordneter geworden. Viele Menschen hatten sich von ihm abgewandt. Mir wurde seinetwegen gedroht, der Chef der Wiener Kinderklinik verlangte von mir eine öffentliche Erklärung, dass Peter nicht mehr mein Freund sei. Ich wusste: Man liebt den Verrat, den Verräter nie. Außerdem hasse ich Illoyalität und Freundesverrat. Lieber nichts werden, als durch Verrat und als Reaktion auf Drohungen. Quasi als Kompensation unterstützte mich Peter in der Steiermark bei der Ordenseinreichung. Gemäß meinem Status als Titularprofessor der medizinischen Fakultät wurde mir das Große Ehrenzeichen vor allem für meine österreichweite Durchsetzung der Kinderschutzgruppen, verliehen.
Zum 2. Orden gibt‘s einen Blog: Meine interkulturellen Bemühungen für die jüdisch-christliche Diskussion wurden damit belohnt. Es war meine Vorlesungstätigkeit an der kath.-theolog. Fakultät der Karl-Franzens-Universität Graz. Mit Univ.-Prof. Dr. Otto König hatte ich ein gutbesuchtes Seminar gestaltet, in dem die Unterschiede zwischen christlichem und jüdischem Leben besprochen wurden. Dieser Dialog hatte Weiterungen, ich arbeitete im christlich-jüdischen Komitee mit, hielt Vorträge als „Berufsjude“ in Kirchen, bei kirchlichen Veranstaltungen, beim Katholischen Männerbund. Die Veränderung des Katechismus Kärntens durch die Aufhebung des Bekenntnisses zum „Hostienwunders“ in Wolfsberg erachte ich als eine meiner Heldentaten (siehe das Denkmal, das auf dieser Seite abgebildet ist. Dieses wurde auf Initiative M. Liebermanns, Otto Königs und von mir mit Zustimmung Vieler aufgestellt.). Dass Volksschulkinder nicht mehr lernen, dass Juden geweihte Hostien stehlen, um das Blut Jesu in ihren Mazzes zu verbacken, macht mich froh.
Der 3. Orden rundete mein berufliches Leben ab. Er war die Auszeichnung für meinen Abschied. So wie bei den anderen Orden musste am Beginn der Einreichung eine kleine gute Tat stehen. Diesmal war es die Hilfe für eine ins Drogenmilieu abgerutschte Jugendliche und für ihren Vaters, der bei mir erlernte, sich selbst zu relativieren und ein besseres Leben zu führen. Er reichte mich ein, fiel allerdings während des Ordensverleihungsprozesses in Ungnade der Mächtigen – so wurde es wieder kein Halsorden, sondern das Große Ehrenzeichen der Republik Österreich.
Die Orden sind eine große Freude. Sicher, auf meiner Pate kann nicht stehen: „Träger hoher und höchster Auszeichnungen“, sondern „nur“: „Träger hoher Auszeichnungen“. Das schmerzt selten, nur ausnahmsweise, vor allem, weil so viele meiner Freunde das Wort „höchste“ werden schreiben dürfen und alle behaupten, dass sie das nie täten. Allerdings werden Paten nicht von den Verstorbenen geschrieben und ausgewählt, sondern von den Lebenden. Diese werden sicher „höchste“ schreiben, einfach weil es stimmt und sie bei der Beerdigungsberatung gefragt werden, welche Orden der Verstorbene hatte und dementsprechend die Worte gewählt werden.
Das sind Überlegungen eines Menschen, der in eine falsche Zeit geboren wurde. Es gibt offiziell keinen Kontakt mehr zu Orden, weil deren Grundlage, die sich in der militärischen Zucht und Ordnung, in der kriegerischen Hierarchie finden, nicht mehr so beliebt sind. Wenn man dann aber sieht wie Präsident B. Obama ganz am Ende seiner 2. Amtszeit exemplarisch jene Menschen ausgezeichnet hat, die er als Vorbilder der amerikanischen Jugend festschreiben wollte; wenn man sieht wie die Seligsprechungsanträge bedeutend sind; wenn man je bei einer Ordensverleihung war – dann weiß man, dass vor allem jene skeptisch und ablehnend sind, die nichts bekommen.
Nur mein Freund Sichrovsky macht da eine Ausnahme: Er gehört unbewusst zu den Anhängern J. P. Sartres, der den Nobelpreis abgelehnt hat. Natürlich würde er das abstreiten, Sartre war Kommunist wie Peters Eltern und Peter wurde das Gegenteil, weil er den Kommunismus als totalitäre Ideologie, die seine Kindheit zerstört hat, hasst. Die Einstellung zu Orden jedoch, die ist wie bei Sartre. Jemanden zu fragen, ob er ihn einreichte: für Peter eine Horrorvorstellung. Andere Menschen aber, sehen es so wie ich. Originalzitat Kasper: „Der Mensch ist für Lob unendlich aufnahmefähig.“
Ich trage meine Orden mit Stolz, nicht nur am Opernball. Seit ich bei I. Asimov, dem berühmtesten SC-Autor im Tausendjahresplan gelesen habe, dass die Auserwählten des Universums eine grüne Anstecknadel tragen und so als die Bedeutendsten erkannt werden; seit ich Serge Lebovici, den Gründer und geistigen Führer der Weltgesellschaft für die seelische Gesundheit des Kleinkinds kennen lernen durfte, der auf jedem Sakko die rote Schleife der Légion d’honneurr trug, weiß ich: da das Leben kurz und die Möglichkeiten begrenzt sind, ist es fein Anerkennung hienieden zu bekommen. Um die Verteidigung vorm höchsten Gericht sollte man sich Sorgen machen – sie sind aber andere und man muss sich anders verhalten und vorsehen.