(Aus der Arie des Tamino, in W.A. Mozarts und E. Schikaneders Zauberflöte)
Jetzt kommt’s ganz in die Gegenwart: DAS ist das Neue und Lustige an einer online Biographie. In ihr regiert weder Zeit noch Raum. Das ist für mich gut. Ich glaube nicht an Zeit und Raum und auch nicht an ein Raum-Zeit Kontinuum. Seit Einstein kann ohnehin Niemand mehr daran glauben. Die meisten Menschen verwenden es aber, um ihren Alltag zu strukturieren. Die hier beschriebene, wunderbare Frau, die mir ihre besten Jahre schenkt, ist so jemand.
Die Fotos zeigen’s, die Menschen wissen’s, oder glauben es zu beobachten. Mit Marguerite geht es mir sehr gut. Was ist es aber, dass das beschreiben kann? Wieso nennen Menschen die Grundlage langdauernder Beziehungen Liebe? War das schon immer so? Haben Bürgerliche Anspruch auf Liebe und Romantik? Wer bestimmt was Liebe ist? Ist es Zutrauen, Verbindlichkeit, wirtschaftliche Abhängigkeit, Familiengründung und darauf folgend -pflege? Hat man darauf Anspruch, oder kommt und geht sie? Wieso ist man froh, fast „liebeskrank“, wenn die Liebe kommt und böse, wenn sie geht? Das Meiste kann man nicht beantworten, nur fragen.
In einer Biographie ist es unverzichtbar über Liebe zu schreiben. Denn sie bestimmt den größten Teil des Lebens. Mit wem man zusammen ist, zusammenlebt, arbeitet, schläft, isst, reist und noch vieles anderes macht. Immer ist es auf der Grundlage von Liebe und diese ist schlecht definierbar. Angeblich ist sie ein Gefühl. Ein Gefühl – so lehrt die Neurologie – entsteht im limbischen System, einer Ringleitung um das Großhirn, die es mit den tieferen Schichten verbindet. Wie diese Verbindungen im Einzelnen aussehen und wieso manche Menschen gefühlsbetonter sind und ihre Entscheidungen angeblich "aus dem Bauch" treffen – das erklärt die Neurologie nicht. Es gibt auch keine medizinische Erklärung dafür wieso in meiner Beziehung manche Rollen anders, als die klassischen Zuschreibungen sind. Marguerite denkt in Zahlen und Strukturen, Zeit, Raum und Windrichtungen. Ich bin eher intuitiv und denke in Erinnerungen, Vergleichen und in Gruppen in Beziehungen. Selbst meine Orientierung in Städten hat mit Blumentöpfen an bestimmten Stellen und vergessenen Sesseln, vielleicht auch mit einer Farbe am Balkon eines Hauses zu tun – Dinge und Umstände, die Marguerite nicht beachtet. Sie hat einen eingenordeten Plan einer Stadt im Kopf und orientiert sich daran. Abweichungen machen ihr Unbehagen, mir Freude und Entdeckerlust. So ist es auch in unserem Zugang zur Wissenschaft, sogar zu Geschäften. Sie denkt in Zahlen und Abläufen (wenn ich das nur wüsste, ob das stimmt – A.
Einstein soll auf die Frage nach der Art wie Frauen denken gesagt haben: "Manche Männer bemühen sich lebenslang, das Wesen einer Frau zu verstehen. Andere befassen sich mit weniger schwierigen Dingen z.B. der Relativitätstheorie."
Der langnasige Ritter, der vielleicht am unglücklichsten war, Cyrano de Bergerac, hat es am besten getroffen. Unfähig die Liebe zu leben (wie S. Kirkegaard und Franz Kafka) schrieb er für die Angebetete die schönsten Worte, die der schöne Jüngling dann zu den seinen machte und die ersehnte Frau eroberte. Selbst in Verdis Othello kann man noch in der Todesarie Desdemonas einen Hauch von Liebe verstehen, wenn sie auch sehr düster geworden ist. (Desdemona erwartet ihren Mann und ihren Tod. Weder hat sie eine andere Auswahl, da sie schon entehrt ist, noch will sie je einen anderen lieben. Beide gehen an dem Mord zugrunde.)
Ja, Verdi: immer die Liebe in den Todesarien – auch bei Rigoletto, wo erst dessen Tochter ihre Liebe zum Fürsten gesteht und dann Rigoletto der Sterbenden seine Liebesworte nachweint (Allerdings will er hauptsächlich nicht verlassen werden, was in meinem Sinn keine Liebe ist – denn Liebe fragt was der Andere braucht und nicht was man will, oder bekommt.).
Das ist das Komische: Liebe ist, oder nicht. Nur der Rabbiner hat es leicht: er unterscheidet "Fischliebe" von echter. Aber was ist Fischliebe? Fischliebe ist, wenn jemand sagt: "Ich liebe Fisch!" Das heißt er fängt ihn (oder lässt fangen), nimmt ihn aus, kocht, oder brät ihn und isst ihn. Das ist die Liebe, die sich frägt was sie bekommt. Das Furchtbare ist die Ansage: "Liebe ist Geben und Nehmen!" Das ist Fischliebe. Echte Liebe ist Geben. Immer Geben und nie fragen: "Was bekomme ich zurück?"
Sie zu beschreiben – da müsste man ein R. M. Rilke sein, oder ein N. Lenau. Und dann scheiterte man am Unerklärlichen.